Was sind eigentlich "Material Arts"?, wurde Saskia Schottelius
am vergangenen Wochenende während der EuroGames häufig gefragt. "Martial
Arts", verbesserte sie dann regelmäßig. Das klinge zwar martialisch, mit
Kriegskünsten habe das aber wenig zu tun, sagt die mehrfache
Gold-Medaillen-Gewinnerin. Martial Arts sind eine Wettkampfdisziplin, bei
der sich alle Kampfkünste miteinander messen.
Zu Martial Arts gehören alle Stile, ob Taekwondo, Kung Fu, Karate, Jiu
Jitsu, brasilianisches Capoeira, indonesisches Pokoelan oder
philippinischer Stockkampf. Auch "soft styles" wie Qigong und Tai Chi
dürfen an dem "multi style tournament" teilnehmen, erklärt Saskia
Schottelius, die in München zwei Mal Gold, ein Mal Silber und drei Mal
Bronze in den Disziplinen Martial Arts und Karate gewonnen hat. "So kann
es vorkommen, dass akrobatisches Pokoelan auf klassisches Karate trifft,
ohne sich technisch zu kennen", erklärt die Sportlerin. Das sei ein
bisschen wie im echten Leben, "wo im Zweikampf das Unerwartete erwartet
werden muss".
Um dieses enorm große Spektrum an Leistungen, Formen und
Temperamenten bewerten zu können, hat die International Association of
Gay and Lesbian Martial Artists (IAGLMA) schon vor Jahren ein
einheitliches Regelwerk erstellt. Anstelle der Kriterien "richtig" und
"falsch", wie es sie bei Karate gibt, werden bei Martial Arts Kampfgeist,
Ausdruckskraft, Perfektion, Gleichgewicht, Genauigkeit und Ästhetik
bewertet. "Bei Martial Arts tritt auch niemand direkt gegen eine Gegnerin
an, um dann im KO-System zu gewinnen oder zu verlieren", beschreibt
Schottelius. "Alle bekommen Punkte zugesprochen und alle sind am Ende
GewinnerInnen."
Glücklicherweise fließt dabei auch nicht so viel Blut.
"Martial Arts ist zuschauerfreundlich", erklärt die Medaillen-Gewinnerin,
und seien nicht so abschreckend wie ein Karate-Wettkampf ohne Kopf- und
Fußschutz, bei dem zwischendurch das Blut vom Boden gewischt werden müsse.
"Kampfkünste sind eine Sportart, die die Gesundheit erhalten, aber nicht
beeinträchtigen."
Saskia Schottelius hat nach Berlin 1996, Amsterdam
1998, Zürich 2000 und Sydney 2002 in München das erste Mal auch am
Karate-Wettkampf teilgenommen, der zusätzlich zu allen anderen Martial
Arts angeboten wurde. Jetzt ist sie noch froher, ein Martial Artist zu
sein. "Die zum Teil verachtende, hierarchische und todernste Atmosphäre
beim Karate hätte nicht deutlicher in Kontrast stehen können zum Turnier
der Martial Artists", sagt die Sportlerin, das von gegenseitigem Respekt,
Stolz, Spaß, Anerkennung und einem echtem Miteinander geprägt gewesen sei.
In einer Zeit, in der sich die lesbisch-schwule Community schon um die
Austragung der nächsten lesbisch-schwulen Olympiade streiten, liegt ihr
viel daran, Sportlichkeit und Fairness in der Szene hoch zu halten. In
"ihrer" Sportart Martial Arts und auch darüber hinaus wird sich Saskia
Schottelius immer dafür einsetzen.
Wer übrigens 2006 neben Karate auch Martial Arts erleben will, muss
nach Chicago zu den Gay Games reisen. Die OutGames in Montréal haben
lediglich Karate auf dem Programm.